Evangelische
Kirchengemeinde
Langenargen -
Eriskirch


Friedenskirche Langenargen

Die evangelische Friedenskirche befindet sich im Ortskern von Langenargen. Geprägt wird das Gelände der Evangelischen Kirchengemeinde durch eine Linde, unter welcher auch das Gemeindefest stattfindet. Neben der Kirche und dem Gemeindesaal ist das Pfarrhaus mit Pfarrbüro, in unmittelbarer Nähe hierzu der Evangelische Kindergarten Abraham.

Sie finden uns in 88085 Langenargen in der Kirchstraße 11.

Unsere Öffnungszeiten und Ihre Ansprechpartner finden Sie unter den Kontakten


Wer war Urbanus Rhegius?

Urbanus Rhegius war einer der großen Söhne Langenargens. Er wurde um den 20. Mai 1489 in unserem Ort am Bodensee geboren. Er bekam den Namen Urban Rieger.

Sein Vater war der Langenargener Priester Konrad Rieger. Seine Mutter hieß wahrscheinlich Kunig bzw. König. Ab 1516 sollte Urban Rieger sich Urbanus Rhegius dann nennen. Unter Gelehrten war es damals üblich, dem Geburtsnamen eine lateinische oder griechische Form zu geben.

Früh entdeckte man die außerordentliche Begabung Urbans. Der Vater förderte ihn und ermöglichte ihm den Besuch der Lateinschule in Lindau. Im Jahr 1510 begann Urban Rieger mit dem Studium. In Freiburg, Ingolstadt, Tübingen und Basel widmete er sich humanistischen, juristischen und theologischen Studien.

Er war alles andere als ein angepasster Student. So widersetzte er sich in Ingolstadt der geltenden Kleiderordnung, weigerte sich die von ihm als lästig empfundene Tracht der Artistenfakultät zu tragen. Er las sehr viel, wandte sich den antiken Autoren zu, er beherrschte das Griechische und Hebräische neben dem gängigen Latein, diskutierte, schrieb – er war ein leidenschaftlicher, suchender, unruhiger Intellektueller seiner Zeit. Die alten Antworten wollten ihm nicht länger genügen. Er schrieb Dichtungen (Kaiser Maximilian übereicht ihm 1517 den Lorbeerkranz eines „gekrönten Dichters und Redners“).

Urbanus Rhegius stand unter dem Einfluß der ‚via moderna’, einer geistigen Strömung des späten Mittelalters, die, sehr allgemein ausgedrückt, nach neuer geistiger Orientierung suchte, den modernen Naturwissenschaften den Weg bahnte wie auch nach einer Erneuerung des kirchlichen und geistig-intellektuellen Lebens sich sehnte. In einem Gedicht schrieb Urbanus: „Los, Deutscher, erhebe dich, bitte hebe deinen Kopf aus der dichten Finsternis!“.

Mit Erasmus von Rotterdam, dem zu jener Zeit wohl berühmtesten Intellektuellen Europas, war er persönlich befreundet.

1518 wandte sich Urbanus Rhegius besonders intensiv der Theologie zu. 1519 wurde er in Konstanz zum Priester geweiht und wurde Domprediger in Augsburg.

Ein poetisch empfindsamer, aufgewühlter, von den Grundfragen seiner Zeit ergriffener Geist wie Urbanus Rhegius konnte der reformatorischen Idee gegenüber, den Ideen Luthers insonderheit, nicht gleichgültig bleiben. Nicht nur geriet er in den Sog dieser Erneuerungsbewegung (die Kirche und Gesellschaft tief verändern sollte), er wurde schlußendlich Anhänger der evangelischen Sache. Er bezog Stellung gegen den Ablaß (eine damals gängige Möglichkeit, daß Gläubigen die gefürchtete Fegfeuerstrafe von der Kirche erlassen wurde; sie brauchten nur Geld zu geben und zu Frömmigkeitsübungen sich verpflichten).

Urbanus Rhegius verlor infolge seiner kritischen Haltung die Stelle in Augsburg, hielt in Langenargen und Tettnang sich auf, wurde Kaplan in Hall/Tirol. Auch von dort wurde er vertrieben, lebte in Augsburg dann, predigte in der Kirche St. Anna – brach dann aber endgültig mit der römischen Kirche, als er am 16. Juni 1525 in Augsburg die dort geborene Anna Weisbrucker heiratete. Sie schenkte ihm 13 Kinder.

Es gibt Zeugnisse von der tiefen Liebe, die die beiden verband.

Bei aller Ablehnung des ‚römischen Wegs’, gehörte Urbanus Rhegius doch wiederum während des Reichtags in Augsburg, 1530 (als die ‚evangelische Sache’ offiziell verhandelt wurde), zu jenen Anwälten des Protestantismus, die einen Bruch mit der römischen Kirche zu verhindern bemüht waren. Es kam anders.

Die Wege sollten sich trennen. Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg lud Urbanus Rhegius, nachdem er ihn am Rande des Reichstags kennengelernt, nach Niedersachsen. Dort wirkte Urbanus (1531 berufen zum Superintendenten von Celle) bis zu seinem Tod am 27. Mai 1541.

So gelang es ihm, die Stadt Lüneburg, gegen den Widerstand der regierenden Obrigkeit, für die Erneuerungsbewegung der Reformation zu öffnen. Das Volk sehnte sich nach der Predigt des Evangeliums. Urbanus Rhegius predigte in Lüneburg den lebendigen Christus; schließlich vermochte er der Stadt eine neue Kirchenordnung zu geben.

Im Lüneburger Land, in Hannover auch, ordnete er die Dinge, nach reformatorischem Verständnis, neu.

Dem Herzog war er Freund und Ratgeber. Seine Stimme wurde gehört. Man schätzte sein Urteil in theologischen und allgemein-kirchlichen Fragen.

1532 verfaßte Urbanus ein Trostbuch: „Dialogus von der trostreichen Predigt, die Christus Lc 24 von Jerusalem bis gen Emmhaus den zweien Jüngern aus Mose und allen Propheten gethan“ - im 16. und 17. Jahrhundert eines der meistgelesenen Erbauungsbücher (das waren Bücher, die den Menschen im Haus seines Alltags – Haus, in dem Staub, Schmerz und Tod wohnen- tatsächlich trösteten. Wissen wir Heutigen noch, was Trost ist? Wer könnte heute noch Trostbücher schreiben?).

Urbanus Rhegius gehört weder der evangelischen noch der katholischen Christenheit, er gehört den Ungläubigen nicht, keinem Humanisten, keinem Dichter, keinem Denker. Niemand kann ihn für sich alleine beanspruchen. Er ist viel mehr als eine interessante historische Figur, der man sich gerne erinnert. Seine Botschaft ist von brennender Aktualität für alle Christen, für alle nachdenklichen Menschen.

Wenn Urbanus Rhegius von seinem Fenster in der Langenargener Friedenskirche auf die Sehnsüchtigen, die Gläubigen ‚herabschauen’ wird zukünftig, wird er zu uns sagen: „Ihr als einzelne, ihr sollt Gottes Geist und die innere Wahrheit der Bibel immer wieder neu suchen und für euer Leben ernst nehmen; und tragt das Eure dazu bei, daß die Kirche allein auf Christus sich gründe.“

Geschichte

Am Rande des Ortskerns findet sich die evangelische Friedenskirche. Sie ist Teil eines architektonischen Kleinods, welches aus Pfarrhaus, Gemeindesaal und Kirche besteht. Und behütet wird von einer alten Linde, die - Atem, Schatten und Segen spendend – sich über den Vorplatz erhebt.

Zu verdanken ist der Kirchbau Heinrich Weiß, Besitzer der Seidenzwirnerei „Seidenfabrik“. Der vermachte „seiner“ Kirchengemeinde im Jahre 1912 testamentarisch 35 000 Goldmark zum Bau „einer evangelischen Kirche und Schule“ – und machte seinen Sohn Alfred Weiß zum Vollstrecker der Stiftung. Alfred Weiß wiederum machte sofort Nägel mit Köpfen und brachte den Kirchengemeinderat in Zugzwang und der Kirchbau konnte starten. 

Eingeweiht wurde die Kirche am 8. Dezember 1914, als jener Weltkrieg tobte, den man als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet hat. Dessen eingedenk hat man der Kirche anlässlich der ersten, in den 1960er erfolgten Renovierung ihren heutigen Namen gegeben. Und sie auch einer radikalen Umgestaltung unterzogen: Man wollte mit den nur noch als Kitsch empfundenen Jugendstil-Elementen nichts mehr zu tun haben. Später allerdings auch nichts mehr mit der dabei  entstandenen ‚Kühlschrank-Kirche‘: So wölbt sich seit den 1980er Jahren wieder Holz statt Styropor über das Kirchenschiff. Und im Chor verströmt in Altar, Kanzel und Taufstein warmer Sandstein stilles Licht. Veränderungen stehen nun im Zeichen einer geistigen Spurensuche: So erinnert seit 2001 ein Kirchenfenster an den aus Langenargen stammenden Reformator Urbanus Rhegius. Der Künstler Dieter F. Domes hat es geschaffen. (Dem Fenster wurde 2017 vor dem Kircheneingang eine ebenfalls Urbanus gewidmete Stele beigesellt.) Das 100jährige Jubiläum der Kirche begeht man indessen mit einem tiefen symbolischen Akt: Der Christus-Korpus der alten Jugendstil-Kirche wird nun an ein Kreuz gehängt, dessen Holzbalken vor Jahrzehnten aus der kriegsversehrten Schlosskirche von Friedrichshafen geborgen wurden. Heute lädt die schlicht und konzentriert gehaltene Friedenskirche ein zu innerer Sammlung und geistiger Besinnung. In der festen Überzeugung, dass die heutige Zeit zuallererst dies nötig hat.

Räumlichkeiten